Anleitung zur Anfertigung von Diplom- und Doktorarbeiten

Aus Hergipedia
Version vom 5. März 2009, 17:39 Uhr von Winkler (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Einleitung

Die Einleitung sollte das Thema der Arbeit in den Kontext des entsprechenden Wissenschaftsgebietes stellen. Dinge, die man bereits in Standardlehrbüchern oder Wikipedia nachlesen kann, sollten sehr kurz (in wenigen Sätzen) abgehandelt werden. Es reicht dann für die weitergehenden Ausführungen Lehrbücher oder Review-Artikel zu zitieren. Je näher die literaturbekannte Information an der Arbeit liegt, desto vollständiger muss sie aufgelistet sein. Literaturarbeiten, die die Arbeit direkt betreffen oder gar Präzedenz oder Konkurrenz darstellen muss vollständig sein und sie sollte sehr ausführlich diskutiert werden! Dem Leser muss klar werden, von welchen Ausgangsvoraussetzungen die Arbeit ausgegangen ist und damit wie groß der in der Arbeit erzielte wissenschaftliche Fortschritt eingeschätzt werden kann.

z.B. wenn es in der Diplom- oder Doktorarbeit um das Design und die Synthese von Liganden geht, die Divanadat besser binden als Monovanadat, um damit als sehr weit in der Ferne liegendes Ziel ein Modellsystem für die ATP-Synthase zu bauen, braucht die Einleitung nur eine allgemeine Einführung in die Energieumwandlung in biologischen Systemen zu enthalten. Auf das Grundprinzip der ATP-Synthase kann man schon etwas näher eingehen. Dabei sollte man möglichst keine, in der Biochemie üblichen Fachbegriffe oder Acronyme verwenden, die man ausführlich erklären muss. Wichtig dagegen ist es die Funktion so zu beschreiben, dass der Bezug zur Arbeit deutlich wird. Z.B. wie geschieht die Umwandlung in chemische Energie (ATP) aus der Sicht des Chemikers (nicht die Sicht des Biologen, der sich z.B. dafür interessiert, wie viele Dalton die Proteine groß sind).

Das was man allgemein über das Vanadat-Gleichgewicht in Lösung (ohne Liganden) weiß, liegt der Arbeit schon näher (denn es soll ja verschoben werden). Und das was dazu bekannt ist, sollte unter Angabe der Originalliteratur beschrieben werden (Konz.-, pH-Abhängigkeit usw.)

Noch näher an der Arbeit selbst liegen die Liganden selbst, die bereits synthetisiert wurden, um Diphosphat (in Analogie zu Divanadat) selektiv gegenüber Monophosphat (Monovanadat) zu binden. Hier sollte die Literatur vollständig sein. Die Bindungsmotive sollten diskutiert werden, da es ja das Ziel der Arbeit ist, ein optimales Bindungsmotiv zu finden. Bei der Diskussion der eigenen Ergebnisse kann man dann auf diese literaturbekannte Information zurückgreifen und entsprechend, vergleichend diskutieren.

Am nächsten an der Arbeit sind natürlich Präzedenzfälle. Bei der Literatursuche am Anfang der Arbeit sollte man die Publikationen finden, die der eigenen Arbeit am meisten ähneln. Wenn es hier im speziellen Fall schon jemanden gibt, der mit einem Komplex das Vanadatgleichgewicht verschoben hat, sollte man diese Arbeit sehr genau diskutieren. Hier ist dann auch schon mal eine nicht publizierte Dissertation (die man sich über Fernleihe zuschicken lassen kann) oder das Supporting Material des entsprechenden Papers interessant.

D.h. also man sollte sich die Fragen stellen:

  1. Was will ich mit meiner Arbeit erreichen,
  2. Welche literaturbekannte Information ist wichtig um das Ziel systematisch zu verfolgen.

Je wichtiger und näher die Literatur ist, desto vollständiger sollte sie zitiert sein und desto detaillierter sollte man sie diskutieren.


Zusammenfassung

Die Zusammenfassung ist der wichtigste Teil der Arbeit. Diesen Abschnitt sollte man besonders sorgfältig abfassen. Die meisten Leute, die die Arbeit später in die Hand bekommen, werden NUR diesen Teil lesen. Zusammenfassung und Ausblick muss man als Nichtfachmann sofort verstehen können, ohne im Text der Arbeit nachblättern zu müssen. Am besten man gibt den Abschnitt jemandem, der halbwegs naturwissenschaftlich gebildet ist, zum Durchlesen. Wenn der das nicht auf Anhieb versteht (oder glaubt zu verstehen), ist die Zusammenfassung nicht gut und sollte noch mal neu geschrieben werden. Die Zusammenfassung ist ein eigenständiger Teil der Arbeit, der alle Informationen enthält, die man braucht um den Text verstehen zu können, ohne im Hauptteil nachblättern zu müssen. Man sollte z.B. keine „nackten“ Strukturnummern verwenden (siehe unten unter Allgemeines), sondern z.B. wenn es das Verständnis erfordert, ein Reaktionsschema einfügen, auch wenn es in ähnlicher Form schon im Hauptteil steht.


Allgemeines

Denken Sie daran, dass es mindestens zwei Gutachter gibt, die die Arbeit lesen und verstehen müssen und die nicht sehr viel Zeit haben und deren Laune sich zunehmend verschlechtert, je schwieriger es wird das Geschriebene zu verstehen. Je flüssiger sich die Arbeit lesen lässt, und je weniger Fehler sie enthält, desto besser. Bevor man anfängt zu schreiben, sollte man zwei oder drei sehr gute Arbeiten als Beispiel lesen. Eine gute Gliederung hilft das Material zu organisieren. Das Manuskript sollte unbedingt von jemandem Korrektur gelesen werden, bevor man es abgibt.

Eine Arbeit lässt sich leichter lesen, wenn sie einem logischen Ablauf folgt, d.h. wenn man als Leser nachvollziehen kann, warum die Experimente unter den angegebenen Bedingungen und in der entsprechenden Reihenfolge durchgeführt wurden. Ein einleitender Satz am Anfang eines neuen Kapitels erleichtert dem Leser dem Gedankengang des Autors zu folgen.

  • Keine Strukturnummern verwenden, bei denen man die zugehörige Struktur mühsam auf vorhergehenden Seiten suchen muss. Also nicht schreiben:
45 reagiert mit 53 zu 27 und 13...
  • Vollständige IUPAC Namen zu verwenden ist meist auch nicht sinnvoll:
(5-Hydrox-1,2,3,4,4a,8a-hexahydro-naphthalen-2-yl)-acetaldehyd reagiert mit 9-Amino-8-[1-cyano-meth-(Z)-yliden]-11-oxa-tricyclo[5.3.1.02,6]undec-4-ene-1-carbonsäureethylester zu...
  • Es ist sinnvoller zu schreiben:
Aldehyd 45 reagiert mit Amin 53 zum Enamin 27...


Experimenteller Teil

Neue Verbindungen

Neue Verbindungen, insbesondere wenn sie eine Zielverbindung darstellen, müssen mit dem gesamten Satz analytischer Daten beschrieben werden, d.h. 1H-, 13C-NMR, IR, UV, MS, EA, Schmp, Sdp. Weglassen kann man solche Daten, die nicht aussagekräftig sind (z.B. UV oder IR von einem gesättigten Kohlenwasserstoff). Wenn spektroskopische Methoden nicht anwendbar sind (z.B. Verbindung zu empfindlich) begründen, warum die Messung nicht durchgeführt wurde.

Bekannte Verbindungen

Es ist nicht notwendig, alle Spektren in der Arbeit zu diskutieren. Es reicht die Übereinstimmung mit den literaturbekannten Spektren festzustellen. Wenn in einer Mehrstufensynthese Zwischenstufen sofort weiterverarbeitet werden, reicht auch die Angabe, dass auf eine Reinigung verzichtet wurde. Aber auch hier sollte eine Begründung geliefert werden (Empfindlichkeit, Ausbeuteverluste bei Aufreinigung etc.) und es sollte eine Abschätzung der Reinheit, bzw. Ausbeute anhand der Rohspektren erfolgen. Auf einer der nächsten Stufen oder spätestens beim Zielmolekül wird die gesamte Analytik angeführt, die ja dann auch beweist, dass die Stufen davor die richtige Struktur hatten. Es sollte dann immer die Gesamtausbeute seit der letzen charakterisierten Stufe angegeben werden.

Elementaranalysen

(das ewige und leidige Thema): Von neuen Verbindungen muessen EA’s gemessen werden. EA’s liegen bekanntlich oft daneben. Das kann an folgenden Dingen liegen:

  1. Probe ist heterogen (verschiedene Kristalle, oder verschieden mit Lsgm. kontaminiert). Deshalb fein pulverisierte und hochgetrocknete Substanzen abgeben.
  2. Das Analysegerät driftet im Laufe des Tages während der Messungen. Deshalb darauf achten, wie der letzte Standard vor und der nächste Standard nach der Messung der eigenen Probe war. Wenn die Standards übereinstimmen, kann man einen Eichfehler weitgehend ausschliessen. Wenn die AC die Liste mit den Standards nicht mitliefert, die Liste anfordern.
  3. Oft ist Lösungsmittel oder Wasser im Kristall eingebaut. (Lösungsmittelmoleküle findet man auch oft in der Einheitszelle bei Röntgenstrukturanalysen). Meist kann man abschätzen, welche Lsgm. in Frage kommen (das Lsgm. in welchem zuletzt umkristallisiert, chromatographiert oder gemessen wurde.) Das Lsgm. kann man mit halb- oder ganzzahligem Molverhältnis einberechnen. Wenn der Wert dann stimmt, ist das akzeptabel.

Ölige Substanzen und einige spezielle Verbindungsklassen bereiten oft Probleme. In solchen Fällen sollte eine Begründung gegeben werden, warum die EA nicht durchgeführt wurde.